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Bischof Reinhart Guib: Wir sind längst über das Jammern über den Exodus hinausgewachsen und gestalten die Zukunft

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Reinhart Guib, Foto: Captura YouTube
Reinhart Guib, Foto: Captura YouTube

2017 jährt sich die Reformation zum 500. Mal. Die evangelische Kirche weltweit erinnert an ihren Reformator Martin Luther mit zahlreichen kirchlichen und kulturellen Veranstaltungen. Auch beim Sachsentreffen in Hermannstadt wird das „Lutherjahr 2017“ mit einer gemeinsamen Großveranstaltung gebührend gefeiert. „Der Reformation verdanken wir unsere Identität“, sagt Reinhart Guib, Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, im DW-Interview.

DW: Herr Bischof, wie wichtig war die Reformation für die Siebenbürger Sachsen?

Bischof Guib: Die Reformation war für die Siebenbürger Sachsen der wichtigste Schritt in ihrer bisherigen Geschichte, der zu einer Gemeinschaft als Volk und Kirche geführt hat, die auch heute über die Grenzen im gemeinsamen Europa Bestand hat. Der Reformation verdanken wir unsere Identität, d.h. die gemeinsame Muttersprache, die Bildung und das Schulwesen, die reiche kirchenmusikalische Tradition, die Diakonie, das Mitentscheiden und Mitarbeiten der Laien, den von menschlichen Zwängen befreiten Glauben an den gnädigen Gott, den Segen des Pfarrhauses, die Gesprächsbereitschaft über Leben und Glauben mit Andersdenkenden und -glaubenden.

DW: „Kirche wandert nicht aus”, haben Ihre Vorgänger immer wieder beteuert – sowohl in den schwierigen Zeiten der kommunistischen Diktatur, als auch und vor allem nach der Wende, als der massive Exodus der Siebenbürger Sachsen einsetzte. Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Kirche heute? Gibt es eine Zukunft? Oder besteht die Aufgabe der Kirche heute nur noch darin, dass der Nachlass geordnet wird, vor dem Ausklang der jahrhundertealten Geschichte der Siebenbürger Sachsen (vor dem Exitus letalis, wie es manchmal heißt)?

Bischof Guib: Kirche ist überall dort, wo glaubende Menschen sind. Das ist für Siebenbürgen und Rumänien wie für Deutschland gültig. Die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien, auch heute Kirche der Siebenbürger Sachsen, aber nicht nur, hat eine Zukunft bei Gott und geschichtlich auch. Gewiss, manche Bräuche gehen verloren, Orte gehen ein und Gemeinden sterben aus. Davor verschließen wir gerade nicht die Augen. Unter dem Motto „aus Glauben Leben in Gemeinschaft gestalten” sind wir längst über das Jammern über den Exodus hinausgewachsen und gestalten die Zukunft: Wir öffnen unsere Kirchen und haben einen Gottesdienst- und Kirchenbesuch wie nie zuvor.

Wir betreiben diakonische Arbeit und bauen Altenheime und diakonische Zentren auf und aus. Wir setzen uns für den deutschen und evangelischen Unterricht ein und gründen auch kirchliche Kindergärten und Schulen. Wir bilden haupt- und ehrenamtliche Verantwortungsträger in den Gemeinden aus. Gemeinden wachsen zu Gemeindeverbänden zusammen und bilden so als Stadt- und Landgemeinden überlebensfähige Einheiten. Wir haben die Brückenfunktion zwischen den Kirchen auf ökumenischer Ebene inne. Wir pflegen Gemeinschaft und Partnerschaft mit den siebenbürgisch-sächsischen Organisationen im Land wie im Ausland, besonders mit den deutschen Partnern, auf allen Ebenen, wie nie zuvor. Wir integrieren Evangelische, die aus Deutschland und sonst aus dem Ausland kommen, in unsere Gemeinden.

Wir renovieren und erhalten Kirchenburgen und machen sie zugänglich in einem nie dagewesenen Ausmaß. Wir sind gesellschaftlich mit Worten und Taten impliziert, mit Stellungsnahmen und Protesten gegen Umweltmissbrauch, Korruption, für Menschen in Not. Wir unterstützen geflüchtete Menschen im Land. Und doch gibt es noch viel zu tun. Darum plädieren wir für Eingemeindung – und Rück- bzw. Einwanderung nach Siebenbürgen und Rumänien. In den letzten zwei Jahren haben sich davon immerhin fast 1000 Leute ansprechen lassen. Sieht das nach Nachlassverwalten aus?

  • Das Programm des diesjährigen Sachsentreffens finden Sie hier
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